Die wirtschaftliche Entwicklung des Jahres 2017 war stärker, als es die Prognostiker vor einem Jahr erwartet hatten. Auch die Aktienmärkte übertrafen mit immer neuen Rekorden die Vorhersagen deutlich. Ursache für die zu große Vorsicht war unter anderem eine im Rückblick übertriebene Sorge vor politischen Störeinflüssen. Mit Blick auf die Unsicherheiten durch die neue US-Regierung, durch den Brexit und durch die Wahlen in Frankreich und in den Niederlanden war Ende 2016 die einhellige Meinung, dass die Weltwirtschaft höchstens mit angezogener Handbremse in das Jahr 2017 fahren könnte. Zwar ist die politische Verunsicherung bis heute noch hoch. Die Wirtschaft und die Finanzmärkte sind jedoch robuster geworden gegenüber den vielfältigen politischen Unsicherheiten.
Doch nicht nur in seiner Stärke wurde der laufende Aufschwung unterschätzt, sondern auch in seiner Länge. Immer wieder wurde sein Ende angekündigt, aber noch immer ist von Aufschwungsmüdigkeit keine Spur zu entdecken, das hat das Jahr 2017 eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Heute deuten die Signale eindeutig auf eine Fortsetzung der guten wirtschaftlichen Entwicklung hin. Vor diesem Hintergrund betrachten wir die Jahre 2018 und 2019 als stabile Wachstumsjahre. Allerdings werden sie auch zu Übergangsjahren in eine „normalere“ – das heißt schwankungsanfälligere – Welt.
Ein wesentlicher Baustein dieser Welt ist die Aussicht auf weitere Jahre mit sehr niedrigen Zinsen. Daran ändert auch der nach langen Jahren begonnene Ausstiegskurs der Notenbanken nichts. Jenseits der Nullzinsgrenze hat neuerdings das Bilanzvolumen der Notenbanken die Zinsen als Gradmesser der geldpolitischen Ausrichtung abgelöst. Formal wird im Jahr 2018 ein weiterer wichtiger Meilenstein bei der geldpolitischen Wende erreicht werden. Mit dem Abschmelzen der weltweiten Zentralbankbilanzen ab dem Jahr 2018 wird der Kurs einer geldpolitischen Normalisierung sachte fortgesetzt. Starke Renditeanstiege wird es aber nicht geben. Wir erwarten, dass das Ausschleichen der Zentralbanken aus dem Anleihemarkt bestenfalls zu moderaten Renditeanstiegen führen wird.
Bis wieder spürbare Zinsen auf dem Sparkonto ankommen, wird es also noch Jahre dauern. Und selbst bei einem prognostizierten Sparzins von 1 % in etwa fünf Jahren verlieren die Sparer bei einer Inflationsrate von voraussichtlich rund 2 % Tag für Tag an Kaufkraft. Damit bleibt auch die für die Sparer so schmerzhafte Realzinsfalle intakt.
Wenn Anleger eine positive reale (d.h. nach Inflation gerechnete) Rendite erzielen wollen, werden sie somit auch in Zukunft nicht um die Wertpapiermärkte, insbesondere den Aktienmarkt, herumkommen. Die langfristige Beteiligung an Produktivvermögen erscheint gerade vor dem Hintergrund von noch für längere Zeit niedrigen Kupons am Rentenmarkt als wichtiger Baustein des privaten Vermögensaufbaus. Um den von uns erwarteten stärkeren Wertschwankungen dabei in gewissem Maße entgegenzuwirken, empfehlen sich eine breite Streuung der Anlagen sowie das regelmäßige Sparen.
(Quelle: Dr. Holger Bahr, Leiter Volkswirtschaft DekaBank)
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