Auf ins Neuland
Vor einem Jahr übernahm die Corona-Pandemie das Ruder an den Finanzmärkten. Das Virus breitete sich in Rekordgeschwindigkeit aus, die Weltwirtschaft wurde nahezu zeitgleich branchen- und länderübergreifend heruntergefahren, und die Regierungen starteten innerhalb kürzester Zeit staatliche Stützungsprogramme mit enormem Umfang. Auch die Notenbanken warfen alles in die Waagschale, was notwendig war, um die Belastungen der Corona-Rezession abzumildern und den Boden für einen baldigen Aufschwung zu bereiten. Dies alles beendete rasch den freien Fall an den Börsen und wirkte derart erwartungsstabilisierend, dass die Aktienkurse ab Mitte März emporschnellten und die zuvor deutlich gestiegenen Zinsaufschläge bei bonitätsschwächeren Anleihen zügig wieder zurückgingen. Schon mitten in der tiefen Rezession herrschte an den Märkten eine klare Perspektive auf Besserung, was einerseits verwunderlich und andererseits durchaus hellsichtig war.
Weltwirtschaft hat sich erholt
Ein Jahr danach schreiten nun der konjunkturelle Aufholprozess und die Impfkampagnen trotz weiterhin hoher Infektionszahlen voran. So weisen Befragungsindikatoren wie das ifo Geschäftsklima und die Einkaufsmanagerindizes auf eine prächtige Verfassung der Industrieunternehmen hin. Grundsätzlich hat die Weltwirtschaft sich in den vergangenen Monaten erwartungsgemäß erholt, in einigen Ländern wie den USA und in China sogar mit überraschend starker Dynamik. Dies klingt gut, hat aber einen Haken. An diesem knabbern derzeit die Finanzmärkte. Denn nach der erfolgreichen Stabilisierungspolitik der Regierungen und Notenbanken liegt nun Neuland vor uns: Wie geht es – angesichts der in der Nullzinswelt deutlich gestiegenen globalen Verschuldung – mit der Geld- und der Finanzpolitik weiter? Kann nachgelegt werden, falls die Konjunktur sich noch einmal eintrübt? Oder kommt es zu einer Überstimulierung mit ausufernden Inflationsprozessen? Die Bandbreite der künftigen Entwicklungen erscheint zurzeit aus Marktsicht sehr groß. Insofern betreten die Finanzmarktteilnehmer das Nachkrisen-Neuland mit unsicheren Schritten.
Inflationsraten sind für Aktienmärkte verkraftbar
Die spürbarste Veränderung der vergangenen Wochen waren die höheren Renditen für US-Staatsanleihen und Bundesanleihen im längeren Laufzeitenbereich. Dies ist freilich eher dem Auspreisen eines Deflationsszenarios geschuldet als der Überzeugung einer anstehenden Inflationsdämmerung. Die Inflationserwartungen selber sind noch gut verankert, gestiegen ist die Unsicherheit. Das wird die Notenbanken nicht daran hindern, noch für einige Zeit ihre Anleihekaufprogramme fortzusetzen und ihre niedrigen Leitzinsen beizubehalten. Die in diesem Jahr wegen Sondereffekten deutlich höheren Inflationsraten sind eher eine kommunikative Herausforderung für die Geldpolitiker. Da hinter den Renditeanstiegen ein starker Wachstumsausblick für die Weltwirtschaft steht, sind sie für die Aktienmärkte verkraftbar.
(Quelle: Deka Bank, März 2021)
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